Obwohl das Abschalten von Kohlekraftwerken jeden glücklich machen würde, traut sich keiner eben dies zu tun. Die Stromkonzerne lassen sich stattdessen Zeit – ein Nachteil für die Verbraucher, das Klima und auch die Konzerne selbst.
Ich, Uwe Leonhardt (UMaAG), möchte Ihnen eine Studie zu diesem Thema vorstellen. Die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung gefundenen Ergebnisse zeigen, dass sich die Stromriesen bizarr verhalten.
Milliardengewinne möglich
Wie das DIW herausgefunden hat, würden der Strombranche Gewinne in Milliardenhöhe winken, sollte ein Teil der Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der European Climate Foundation und der Böll-Stiftung finanziert und durchgeführt. Das Ziel der Untersuchung war hierbei die Messung des Effekts bei einer Stilllegung mehrerer Stein- und Braunkohlekraftwerke mit unterschiedlichen Leistungskapazitäten (drei bzw. sechs Gigawatt). Dazu gehören diejenigen deutschen Kraftwerke, die ein hohes Alter aufweisen, das Klima am stärksten belasten sowie durch hohe Ineffizienz auffallen.
Hohe CO2-Einsparungen möglich – Chaos auf dem Strommarkt
Die Studie ergibt, dass neben den Milliardengewinnen auch die CO2-Emissionen um ungefähr 23 Millionen Tonnen reduziert werden könnten. Das würde das Einsparungsziel von 40% bis 2020 deutlich realistischer machen.
Zurzeit erscheint die gesetzte Marke hingegen als unerfüllbar. Auch die Versorgung würde durch die Stilllegung der Kohlekraftwerke nicht gefährdet werden, der bisherigen Tendenz zufolge steigt die deutsche Exportquote eher.
Aktuell ist das Chaos auf dem deutschen Strommarkt jedoch gravierend. Das Überangebot an grünem Strom und Zertifikaten zieht niedrige Börsenpreise bzw. Kosten für CO2-Verschmutzung nach sich. In der Folge rentiert es sich für die Energiekonzerne nicht in den Klimaschutz zu investieren. So wird weiterhin auf die günstigen Kohlekraftwerke gebaut, anstatt auf kostspielige Gaskraftwerke.
DIW prophezeit Domino-Effekt
Dem DIW-Modell zufolge würde sich ein zunehmendes Abwenden vom Kohlestrom positiv auf alle Bereiche auswirken. Zum einen würde der Börsenpreis merklich ansteigen (um 1,3 Cent pro Kilowattstunde), in etwa auf den Wert von 2011 (ca. 5 Cent). Die Wirtschaftlichkeit der noch aktiven Kraftwerke würde sich demnach verbessern.
Insgesamt würden bis zu 5,8 Milliarden Euro extra für die Stromriesen herausspringen. Obwohl diese Aussichten durchaus attraktiv für die Konzerne sind, traut sich keiner den ersten Schritt zu machen. Das gemachte Nest aus Kohle- und Atomkraft ist im Moment noch zu einträglich. Deswegen bleibt die Zahl der aktuell geplanten Stilllegungen bislang zu gering, um erwähnenswerte Auswirkungen auf die derzeitige Situation zu haben.
DIW erwartet auch Verbraucherentlastung
Laut DIW sollen zudem die privaten Haushalte Vorteile aus dieser Situation ziehen. Durch den sich erhöhenden Börsenkurs würde die Ökostromumlage günstiger werden. So könnte die Entlastung der Verbraucher zunehmen. Einzig die Folgen für den Arbeitsmarkt in der Kohleindustrie können nicht genau eingeschätzt werden. Diese wird nach wie vor von Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) gestützt.
Auf der anderen Seite drohen viele Vertreter der energieintensiven Industrie mit einer Standortverlagerung ins Ausland, sollten sich die Strompreise nicht stabilisieren bzw. reduzieren. In diesem Falle stimme ich, Uwe Leonhardt (UMaAG), jedoch mit der Energieökonomin und DIW-Expertin Claudia Kemfert überein. Ihrer Einschätzung zufolge geht es der energieintensiven Industrie sehr gut, sodass ein Standortwechsel nicht durch den derzeitigen Strompreis begründet werden kann.
Quelle: http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-11/kraftwerke-diw-heinrich-boell-stiftung