Uwe Leonhardt (UMaAG): Position des BWE e.V. Regionalverband Elbe-Weser-Nord zum Entwurf des RROP’s des Landkreises Cuxhaven

(Stand 6. Juni 2014)

Die Regionalplanung stellt für den Ausbau Windenergie an Land einen der wichtigsten Faktoren dar. Die Ausweisung von Vorrangflächen (Konzentrationszonen) ermöglicht den Trägern der Regionalplanung eine gezielte Steuerung des Zubaus neuer Windenergieanlagen (WEA) im Kreisgebiet und gibt den Planern von Windenergieprojekten Planungs- und Rechtssicherheit. Daraus resultiert aber auch eine Verantwortung für einen sinnvollen und zielgerichteten Umgang mit den Werkzeugen der Raumordnung. Einige niedersächsische Landkreise sind in der Vergangenheit ihren diesbezüglichen Aufgaben nicht sorgfältig nachgekommen, so dass einige RROPs nicht den gesetzlichen Ansprüchen genügten und vom OVG Lüneburg für ungültig erklärt wurden. Dies wurde zumeist damit begründet, dass die Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabukriterien bei der Ermittlung von Windvorrangflächen nicht fachgerecht erfolgt ist. Harte Kriterien sind Bereiche, in denen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die Errichtung von WEA nicht möglich ist. Hier ist eine Abwägung nicht möglich. Bei den weichen Kriterien handelt es sich um Abstände, die der Abwägung und damit der fachlichen und politischen Diskussion zugänglich sind. Diese Unterscheidung ist von größter Wichtigkeit: Die Kommunalpolitik – insbesondere die Kreistagsabgeordneten – müssen sich klarmachen, dass die Entscheidung über die weichen Tabukriterien allein von ihnen getroffen wird und insoweit stets mehrere Lösungen möglich sind, die der Windenergienutzung entweder mehr oder weniger Raum geben.

Der Entwurf des RROP 2014 des Landkreises Cuxhaven enthält überwiegend Hindernisse für den weiteren Ausbau der Windenergie im Landkreis. Diese resultieren z.B. aus Regelungen zum Anlagenrückbau, die nunmehr erfolgte Abstellung von Abständen auf die Rotorspitzen der WEA und vor allem den Ausschluss von aus unserer Sicht sinnvollen Repoweringstandorten.

Rückbau der WEA

Im Entwurf des RROP 2014 wird der vollständige Rückbau der WEA nach Beendigung des Betriebes als Ziel der Raumordnung formuliert. Hierzu wird im Entwurf als Ziel der Raumordnung festgelegt: „Dies schließt ausdrücklich auch den Rückbau von Fundamenten, Kranstellflächen und für die Erschließung der Windenergieanlagen erforderlichen Wegflächen mit ein“(Entwuf Textziffer 04 Satz 2). Die Regelung ist weder erforderlich, noch sinnvoll. Nicht jede Kranstell- und Wegefläche ist zwingend auch eine zusätzliche Bodenversiegelung. Zudem gibt es reihenweise „für die Erschließung der Windenergieanlagen erforderliche Wegeflächen“, die bereits vor der Windenergienutzung und auch während der Windenergienutzung die Zuwegungen zu den angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücken darstellten und vom landwirtschaftlichen Verkehr benutzt werden. Soweit das landwirtschaftliche Wegenetz für die Erschließung von Windparks verbessert worden ist, legen die Landwirte zum Teil größten Wert darauf, dass dieser Zustand auch nach der Windenergienutzung erhalten bleibt.

Der vollständige Rückbau einschließlich des vollständigen Fundamentrückbaus würde zudem über die vom Gesetzgeber getroffene Regelung hinausgehen. Wenn ein Fundament einer WindenergieanWindenergieanlage bis 2 m unterhalb der Erdoberfläche beseitigt worden ist, was die übliche Anforderung darstellt, liegt keine schädliche Bodenversiegelung mehr vor. Fundamentteile, die tiefer als 2 m unterhalb der Erdoberfläche verbleiben, stellen keine Bodenversiegelung dar, sondern wirken wie Gesteinsbrocken. Deshalb kann es auch keinesfalls gewollt sein, dass die in vielen Fällen gerade in den Marschgebieten gerammten bis zu 30 m langen Betonpfähle, auf denen das eigentliche Fundament der jeweiligen Windenergieanlage ruht, mit einem entsprechenden enormen technischen Aufwand und entsprechenden Kosten wieder aus dem Boden geborgen werden sollen. Das würde einen deutlich größeren Eingriff in die Natur verursachen, als sich das Belassen der Pfähle auf die Natur auswirken könnte. Die unter Textziffer 04 vorgesehene Festlegung findet sich in keinem anderen Raumordnungsplan bun-desweit, also auch in keinem anderen RROP in Niedersachsen. Insgesamt fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage. Auf die Festlegung sollte daher ersatzlos verzichtet werden.

Definition von Vorsorgeabständen bezogen auf WEA-Rotorspitzen

Die Vorsorgeabstände, die der Landkreis mit 1.000 m zu Ortslagen und 500 m zur Wohnbebauung im Außenbereich gewählt hat, liegen im Vergleich zu anderen Landkreisen im obersten Rahmen. Ungewöhnlich und fachlich nicht nachvollziehbar ist der Bezug des Abstandes auf die Rotorspitzen der WEA. Charakteristisch für ein RROP ist, dass potenziell geeignete Flächen in einem Maßstab von 1:50.000 ermittelt werden. In diesem Maßstab entspricht 1 mm auf der Karte 50 m in der Realität, so dass eine parzellenscharfe Betrachtung durch die Ausweisung im RROP weder möglich noch sinnvoll ist. Zusätzlich ist der sich mit der Windrichtung drehende Rotor kein sinnvoller Bezugspunkt für die Definition von Vorsorgeabständen.

Errichtung und Betrieb einer WEA bedeuten für Mensch und Natur in unmittelbarer Nähe immer eine gewisse Beeinträchtigung die über die TA-Lärm, die Rechtsprechung zum zulässigen Schattenschlag und zur „optisch bedrängenden Wirkung“ zum Schutz vor Belästigungen begrenzt werden. Wird eine Vorrangfläche (VR) im Außenbereich für Windenergie ausgewiesen, sollte diese auch möglichst optimal zur Erzeugung erneuerbarer Energie genutzt werden. Am Beispiel einer schematischen Darstellung kann man die Auswirkungen der Rotorspitzen-Regelung deutlich erkennen.

Die Ecken bzw. Spitzen des VR wären mit modernen WEA (Rotordurchmesser 100-120m) nicht mehr nutzbar. Die Rechtsprechung hat aktuell hierzu keine Stellung bezogen. Das BVerwG (21.10.2004 – 4 C 3.04 – NVwZ 2005, 208) bezog sich in einem Urteil von 2004 lediglich auf einen Bebauungsplan, der parzellenscharf gefasst ist. Ein Urteil des VG Hannover sieht die Möglichkeit der Übertragung des BVerfG-Urteils auf ein VR. Dieses Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig. Insofern kann hier definitiv nicht von einer gefestigten Rechtsprechung die Rede sein.

Ausschluss eines sinnvollen Repowerings

Mit der Vorstellung des Entwurfs des RROP wird das Repowering im Landkreisgebiet effektiv ausgeschlossen, da fast sämtliche Flächen nicht mehr als Windvorranggebiet ausgewiesen werden. Sollten die Zielfestlegungen im RROP so gemeint sein, dass Altstandorte zumeist nur bauleitplanerisch gesichert sind und eine Veränderung der Höhenbegrenzungen in den Bebauungsplänen nicht möglich sein soll, würde jegliches Repowering im Landkreis entgegen den Zielen des LROP unmöglich gemacht werden. Die Zielfestlegungen wären dann abwägungsfehlerhaft und unwirksam. Die Städte und Gemeinden dürften nämlich ihre Bauleitpläne nicht mehr dem in Ziffer 10 Satz 1 festgelegten Ziel der Raumordnung anpassen, obwohl § 1 Abs. 4 BauGB dies verlangt. Die Städte und Gemeinden wären ab dem Inkrafttreten des RROP dann an einer städtebaulichen sinnvollen Repowering-Planung durch Flächennutzungsplanänderung und Bebauungsplanaufstellung gehindert. Das Inkrafttreten des RROP würde damit nicht nur sinnvolle Bauleitplanungen entgegen seiner Intention unzulässig machen, es würde auch ein willkürliches Ergebnis zementieren. Das kann nicht gewollt sein und würde auch zu einem erheblichen Abwägungsmangel führen.

Das ist im Übrigen auch mit dem übergeordneten Zielfestlegungen im LROP 2012 nicht vereinbar:
Im Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP 2012, Abschnitt 4.2 Energie) sind insoweit folgende Festlegungen getroffen, die vom Landkreis Cuxhaven zu beachten wären, insoweit aber nicht beachtet werden:

Abschnitt 4.2 Energie
Textziffer 01 Satz 4 (Zielfestlegung): „Vorhandene Standorte, …, die bereits für die Energiegewin-nung und … genutzt werden, sind vorrangig zu sichern und bedarfsgerecht auszubauen“ (vgl. LROP a.a.O.). Mit dieser übergeordneten Zielfestlegung ist der Entwurf des RROP überhaupt nicht vereinbar.
Textziffer 04 Satz 1 (Zielfestlegung): „Für die Nutzung von Windenergie geeignete raumbedeutsame Standorte sind zu sichern und unter Berücksichtigung der Repowering Möglichkeiten in den Regionalen Raumordnungsprogrammen als Vorranggebiete oder Eignungsgebiete Windenergienutzung festzulegen“. Mit dieser übergeordneten Zielfestlegung ist der Entwurf des RROP überhaupt nicht vereinbar.

Ein Repowering im Rahmen der bestehenden Flächennutzungs- oder Bebauungspläne mit den eingetragenen Höhenbegrenzungen von meist 100 m ist weder ökologisch, ökonomisch noch genehmigungsrechtlich sinnvoll. Doch gerade unter den Aspekten der Anliegerentlastung wäre ein Repowering im Landkreis besonders sinnvoll, da oftmals im Verhältnis von 2:1 oder 3:1 Altanlagen abgebaut werden und neue errichtet. Die neu festgelegten Abstandsregelungen sollten aus unserer Sicht bei Repowering-Flächen nicht greifen, da ansonsten in deren Status als Windvorranggebiet und damit in den Bestandsschutz eingegriffen wird. Eine Erfüllung der TA-Lärm oder der immissionsschutzrechtliche Abstände wird davon nicht berührt.

 

Dipl.- Kfm. Uwe Leonhardt – Vorsitzender des BWE-Regionalverbands Elbe-Weser-Nord
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